
Berufspraktisches Handbuch für Bildende Künstlerinnen und Künstler - Themen: Steuern, Selbständigkeit, Sponsoring, Urheberrecht, Verträge u.v.m., 268 Seiten, broschiert. Textbeispiel: Leitlinien für Aufwandsentschädigungen für Ausstellungen Redaktion ProKunsT 4 Das jahrzehntelange Streben der Künstlerverbände Deutschlands (BBK, Deutscher Künstlerbund, ver.di) eine gesetzlich geregelte Ausstellungsvergütung für bildende Künstlerinnen und Künstler im Urheberrecht zu verankern, hat vermutlich auch in der laufenden Legislaturperiode keine Chance auf Realisierung. Trotz einer Reihe von Sympathie-Erklärungen von Bundestagsabgeordneten ist die Tendenz der Bundesregierungen der jüngsten Vergangenheit, die Einbringung eines Gesetzentwurfs zu vermeiden. Die Künstlerorganisationen halten dennoch an ihrer berechtigten Forderung nach Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die angemessene Honorierung der Ausstellung von Werken bildender Künstlerinnen und Künstler fest. Bis zur Eröffnung einer neuen Gesetzgebungs-Debatte und einer gesetzlichen Verankerung des Ausstellungshonorars empfiehlt der BBK-Bundesverband, der „Selbstausbeutung“ der bildenden Künstlerinnen und Künstler im Ausstellungsbetrieb jetzt schon ein Ende zu setzen und ebenso wie die Kulturschaffenden in anderen „kreativen Berufen“ Leistungsentgelte für das Ausstellen ihrer Werke zu fordern und durchzusetzen. Die im Folgenden formulierte Leitlinie soll den Künstlerinnen und Künstlern eine Orientierung geben, den Alltag des Berufskünstlers ökonomisch besser zu bestehen. Die folgenden Überlegungen beziehen sich nicht auf Ausstellungen im kommerziellen Verkaufs- und Vermarktungsbereich des Kunsthandels und der Galerien. Die Vorschläge beziehen sich vielmehr auf Ausstellungsaktivitäten in öffentlichen Ausstellungshäusern, Kunstvereinen, Museen, Ausstellungshallen und Ausstellungen von privaten Veranstaltern, z.B. in Anwaltskanzleien, Arztpraxen, Sparkassen. In jedem Fall gilt der Grundsatz: 4.1.1 Die Leistungen der Künstlerinnen und Künstler müssen honoriert werden! Im Einzelnen: 1. In individuellen Verhandlungen mit den jeweiligen Ausstellungsveranstaltern müssen die Künstlerinnen und Künstler darauf hinwirken, dass das Ausstellen ihrer Werke und die vorangehende Vorbereitung der Kunstpräsentation als Leistungen anerkannt werden, denen auf Seiten der ausstellenden Institution der mit der Ausstellung einhergehende Imagegewinn und die Förderung von Geschäfts- oder Bildungszwecken einhergeht. Die Forderung nach Honorierung der Überlassung der Werke zu Ausstellungszwecken und des Aufwands der Vorbereitung der Ausstellung ist plausibel, weil anerkannt werden muss, dass auf Künstlerseite umfangreiche Vorleistungen erbracht wurden, die die Ausstellung erst ermöglichen (hier sei auf die Checkliste zur Vorbereitung und Durchführung einer Ausstellung in diesem Handbuch auf Seite 229 verwiesen). Zur Definition des Honorars bieten sich die Honorarsätze anderer „freien Berufsgruppen“ wie Grafiker und Kunsterzieher an, d.h. Stundensätze von 25 – 75 € sind bei vorbereitender Planung zu kalkulieren. 2. Es ist sinnvoll, die zwischen Künstler und Ausstellungsveranstalter erzielten Vereinbarungen in Schriftform festzuhalten; hierbei sollen die von den Beteiligten zu erbringenden Leistungen einzeln aufgeführt werden. Es empfiehlt sich, den in dieser Publikation auf Seite 208 vorgeschlagenen Leihvertrag um diese Honorarvereinbarung (Vertragsentwurf) zu ergänzen. 4.1.2 Schriftliche Vereinbarung In der schriftlichen Vereinbarung ist Folgendes festzulegen: 4.1.2.1 Der Künstler/die Künstlerin erbringt folgende Leistungen: - Überlassung einer bestimmten Anzahl von Werken zu Ausstellungszwecken, die auf einer Liste präzise bezeichnet und mit Versicherungswerten erfasst werden; - Entwicklung eines Ausstellungskonzepts mit Angaben zur Dauer der Ausstellung, Organisation und Durchführung von An- und Abtransport der Werke und Überwachung bzw. Ausführung der Hängung. 4.1.2.2 Der Ausstellungsveranstalter übernimmt folgende Leistungen: - Werbung für die Ausstellung in den geeigneten Medien; - Einladung der Besucher; - Versicherung der Werke („Von Nagel zu Nagel“); - Anstelle eines Honorars kann für die Überlassung der Werke, die von dem ausstellenden Künstler zu leistende Arbeit und die Kosten ein Pauschalbetrag vereinbart werden. Dabei ist es sinnvoll, Sachkosten und Honorar zu trennen und zusätzlich zu vereinbaren, dass die Honorierung zuzüglich der Entrichtung der gesetzlichen Mehrwertsteuer erfolgt. - Erstattung des Sachaufwands für Hin- und Rücktransport sowie ggf. Material für die Einrichtung der Ausstellung; Ausrichtung der Vernissage. 4.1.3 Vereinbarungen über Beteiligung des Ausstellers bei Verkäufen und Regelung der Art der Abrechnung Beide Parteien vereinbaren die Modalitäten bei Verkäufen und den Zahlungsmodus. Selbstverständlich ist es auch möglich, dass Künstler und Nutzer einen Pauschalbetrag für alle Leistungen vereinbaren. Auch hierfür können diese Leitlinien hilfreich sein, weil damit dem Nutzer die Leistungen von Künstlerseite plausibel vermittelt werden können. Oft sieht sich der Nutzer als Förderer, der dem Künstler, der Künstlerin die „Chance“ gibt, in seinen Räumen auszustellen und zu verkaufen. Übersehen wird dabei die Leistung von Künstlerseite, nämlich die Ausstattung von Räumen mit Kunst. Die Argumentation mit der „Chance“ auf Verkäufe überzeugt nur dann, wenn der Nutzer eine Verkaufsgarantie gibt. Auch eine derartige Vereinbarung kann eine angemessene Honorierung darstellen.